Дмитро Олександрович Зубрицький
03.06.1996-28.03.20220
Liebe Freunde!
Wie ihr alle wisst, begann am 24. Februar 2022 die vollumfängliche Invasion Russlands in die Ukraine. Dies war eine direkte Aggression des Nachbarstaates Russland gegen die Ukraine, gegen ihre Souveränität und territoriale Integrität, gegen den Frieden, die Menschlichkeit und die Werte, die wir gemeinsam mit der gesamten zivilisierten Welt vertreten. Russische Raketen bombardieren täglich ukrainische Städte, zerstören Häuser, töten Zivilisten und vernichten die Infrastruktur. Hunderte unserer jungen, talentierten Männer, die eigentlich eine funktionierende Zivilgesellschaft aufbauen, Wissenschaft betreiben, Familien gründen und Kinder großziehen sollten, griffen stattdessen zu den Waffen, um ihr Vaterland zu verteidigen. Heute erzähle ich euch von einem von ihnen. Lernt also Dmitro Oleksandrowytsch Zubryzkyj kennen. Ein junger Leutnant, stellvertretender Kompaniechef für moralisch-psychologische Betreuung der Schnellreaktionseinheit der Streitkräfte der Ukraine. Mein Sohn.


Er war jung, nur 25 Jahre alt, talentiert und vielversprechend. Von den ersten Tagen des Krieges an trat er freiwillig den Streitkräften der Ukraine bei. Am 24. Februar flohen Menschen massenhaft aus Kyjiw, um ihre Liebsten zu retten. Doch wir fuhren auf Dmitros Initiative hin zum Wehramt, um uns rechtzeitig registrieren zu lassen und unser Land zu verteidigen. Dima war ein aktives, neugieriges, unruhiges Kind. Er lehrte mich das Lernen. Er stellte unzählige Fragen von morgens bis abends. Ich musste ihm in einer für ein vierjähriges Kind verständlichen Sprache erklären, warum das Gras grün ist, warum eine Katze miaut und warum ein Auto fährt. Dann begann unsere Leidenschaft für Dinosaurier und Jackie-Chan-Filme, und ich musste auf dem Laufenden bleiben. Schon als Kind war er selbstständig und zeigte einen ausgeprägten Willen. Noch am Abend zuvor hatten wir gelernt, Schnürsenkel zu binden, und am Morgen erklärte er, dass er es alleine schafft. Als ich helfen wollte, stieß er meine Hand weg und rief unter Tränen: “Ich allein!” An diesem Tag kamen wir alle zu spät in den Kindergarten und zur Arbeit, aber mein Kind strahlte vor Stolz. Sein erster bewusst errungener Sieg – er hatte seine Schuhe selbst gebunden.

Dima besuchte eine Kyjiwer Schule, die einst auch der berühmte ukrainische Boxer und heutige Bürgermeister von Kyjiw, Wolodymyr Klitschko, absolvierte. Später trat er in das Wirtschafts- und Rechtscollege ein und studierte dann an der Interregionalen Akademie für Personalmanagement mit Schwerpunkt “Soziale Arbeit in internationalen Organisationen”. Er schloss sein Bachelorstudium mit Auszeichnung ab. Er setzte sein Studium im Masterstudiengang mit der Spezialisierung “Soziologie der öffentlichen Verwaltung und Kommunalverwaltung” fort und schloss auch dieses mit Auszeichnung ab. Aufgrund seiner Forschungsarbeit wurde er in die Liste des Rates der jungen Wissenschaftler seiner Hochschule aufgenommen. Während seines Studiums war er ununterbrochen der Gruppensprecher und später der Vorsitzende des Studierendenrats der Akademie. In dieser Position setzte er sich aktiv für die Verbesserung des studentischen Lebens und die Einführung innovativer Lehrmethoden ein, um das Interesse der Studierenden am Lernen zu steigern. Er las viel, arbeitete an seiner persönlichen Entwicklung und sammelte in seinen 25 Jahren mehr als 20 Auszeichnungen unterschiedlicher Art: Zertifikate, Diplome, Siegerurkunden. Im Jahr 2015 war er Finalist des Wettbewerbs “Student des Jahres” und erhielt auch sportliche Auszeichnungen. Unser Zuhause war voller Bücher, insbesondere des Verlags “Duch i Litera”. Besonders faszinierte ihn das Lehrbuch “Einführung in die Logik” von Oleksandr Pustowit. Der Autor selbst bot Dmitro an, das Buch zu lesen und mit ihm zu diskutieren. Dmitro las es mit großem Interesse, doch eine Diskussion darüber war ihm nicht mehr vergönnt…
Parallel dazu studierte er an einer Universität, wo er eine militärische Ausbildung erhielt und den Rang eines Reserveleutnants mit der Spezialisierung “Militärpsychologe” erwarb. Er wurde für seine vorbildliche Pflichterfüllung ausgezeichnet und bestand seine Abschlussprüfungen mit Bestnoten.
Mit 23 Jahren beschäftigten ihn Fragen wie:
• Was Gutes habe ich heute getan?
• Welches Ziel habe ich erreicht?
• Was würde ich tun, wenn ich eine Million Dollar hätte?
• Was würde ich für andere tun?
• Was würde ein Priester auf meiner Beerdigung sagen?
Diese Fragen waren auf Notizzetteln an seiner Wand befestigt – für jeden Tag.
Im Sommer reiste er nach Schweden, um dort zu arbeiten. Er wollte eine Wohnung kaufen und eine Familie gründen…

Doch am 28. März erreichte uns die schreckliche Nachricht: Während seines Dienstes in einem Dorf bei Kyjiw erlitt Dmitro Zubryzkyj eine Verletzung, die mit dem Leben unvereinbar war. Innerhalb weniger Minuten verblutete er. Er starb. Unendliche Trauer und Schmerz erfüllten mich. Es schien, als fiele ich in einen bodenlosen Abgrund. Ich fühlte, als wäre ein Teil von mir mit meinem Sohn gestorben. Er war mein einziger Sohn, meine Hoffnung und Stütze. Nun ist er nicht mehr da. Sein Tod sorgte für große Resonanz in den sozialen Medien. Hunderte Menschen schrieben Beileidsbekundungen. Mindestens vier Gedichte wurden ihm gewidmet, zwei davon in internationalen Magazinen veröffentlicht. Eine Scharfschützengruppe gravierte seinen Namen auf ihr Gewehr, sodass er in ihrem Andenken weiterlebte und Feinde besiegte.
Die russischen Aggressoren wollen uns brechen. Sie wollen uns als Volk zerstören und den Rest versklaven. Doch sie wissen nicht, dass wir unbezwingbar sind. Wir halten zusammen, unterstützen einander, teilen unser Leid und spenden trotz Luftalarm für unsere Armee. Unser Ziel ist der Sieg – dafür sind wir stark und motiviert. Denn anders zu handeln, wäre Verrat an unserer Identität. Wir müssen unsere Mission zu Ende bringen.
Ruhm der Ukraine!
